Der einsame Weihnachtsmann und das Weihnachtswunder
Müde schlenderte er nach einem langen Arbeitstag im Kaufhaus die Hauptstraße seiner Heimatstadt hinab. Kalter Schneeregen fiel im ins Gesicht und er dachte an die lachenden Gesichter von kleinen Jungen und Mädchen, die ihn heute aus ihren großen Augen angeblickt hatten. Jedes Jahr zur Weihnachtszeit arbeitete der alte Mann als Weihnachtsmann in einem großen Kaufhaus und sorgte dafür, dass die Kinder nicht aufhörten an den Weihnachtsmann zu glauben. Er verteilte Geschenke, erzählte wunderschöne Geschichten und brachte die Kleinen zum Lachen. Doch so schön die Arbeit mit den Kindern auch war, wenn der alte Mann nach Hause kam, empfing ihn nichts als Leere und Einsamkeit. Denn schon vor langer Zeit hatte er seine Frau und seine erwachsene Tochter bei einem Autounfall verloren und seitdem jedes Weihnachtsfest alleine verbracht. Der Verlobte seiner Tochter, mit dem er sich immer gut verstanden hatte, hatte sich aus Kummer um den Verlust seiner Partnerin zurückgezogen und war in die USA zurück gekehrt, wo er auch einige Zeit mit seiner Tochter gelebt hatte.
Einsame Weihnachtsvorbereitungen:
Dennoch liebte der alte Mann Weihnachten und dekorierte jedes Jahr aufs Neue mit großer Liebe zum Detail seine Wohnung. Er schmückte den Weihnachtsbaum, backte Plätzchen und ließ die ganze Wohnung in hellem Kerzenlicht erstrahlen. Der Mann kochte mit großer Hingabe ein opulentes Mahl, das er dann Jahr um Jahr mit Blick auf ein Foto seiner Frau und seiner Tochter verspeiste. Er war dankbar dafür, diese Menschen in seinem Leben gehabt zu haben, doch haderte dennoch manchmal mit seinem Schicksal. Als der Mann gerade dabei war, den Tisch für sein einsames Abendessen zu dekorieren, klopfte es an der Tür. Verwundert ging der Mann Richtung Haustür und fragte sich, wer ihn um diese Uhrzeit noch besuchen wollte. Was ihn dann hinter der Tür erwartete, hätte er sich in seinen kühnsten Träumen nicht ausmalen können.
Unerwarteter Besuch:
Als der Mann die Tür öffnete, blickte er in die Augen seines ehemaligen Schwiegersohnes. Freudig nahm er den jüngeren Mann in die Arme und war überwältigt von dem unverhofften Besuch. Erst nach der langen Umarmung fiel ihm auf, dass der Verlobte seiner Tochter nicht alleine gekommen war. Ein kleines Mädchen klammerte sich ängstlich an seine Hand. „Kommt doch herein“, sagte der alte Mann. „Hier draußen ist es doch viel zu kalt.“ Die Beiden nahmen die Einladung des alten Mannes nur zu gerne an und setzten sich ins warme Wohnzimmer. Fragend blickte der Hausherr von seinem Schwiegersohn zu dem kleinen Mädchen und wartete auf eine Erklärung. „Ich freue mich sehr, dass du mich mal wieder besuchst Jens, es ist viel zu lange her. Und wie ich sehe hast du deine bezaubernde Tochter mitgebracht. Ich bin froh, dass du wieder eine neue Partnerin gefunden hast.“ Verschämt blickte Jens zu Boden und lief rot an. „Helmut, darf ich dir meine Tochter und deine Enkelin Julia vorstellen? Sie wurde kurz vor dem Tod deiner Tochter geboren und an dem Wochenende ihres Besuches wollte sie dir von dem Kind erzählen. Sie hat sich geschämt, dass sie vor dem Ende ihrer Ausbildung und unserer Hochzeit schwanger geworden ist, weil sie dich nicht enttäuschen wollte.“ Dem alten Mann traten die Tränen in die Augen. „Ich hätte doch niemals schlecht von ihr gedacht. Das hätte sie doch wissen müssen. “ Der alte Mann war überwältigt von seinen Gefühlen und nahm das kleine Mädchen in die Arme. Dieses Weihnachten würde er nicht alleine verbringen.