JEDERMANNSRECHTE
Grundsätze: Die Jedermanns Rechte sind Rechte, die für „Jedermann“ gelten und umfassen das Notwehr-, Notstands- und Festnahmerecht. So dürfen auch zivile Personen in bestimmten Situationen von Zwangsmaßnahmen Gebrauch machen, die in der Regel nur Trägern von Hoheitsrechten (zum Beispiel die Polizei) obliegen. Mit Ausnahme des Hausrechts stehen einem privaten Sicherheitsdienst keine weiteren Sonderrechte zu. Dies hat die Konsequenz, dass der Handlungsrahmen einer Sicherheitskraft durch die Jedermanns Rechte definiert und zugleich beschränkt wird.
Die Jedermanns Rechte gehen einerseits aus dem Zivilen Recht:
und aus dem Strafrecht:
Der Einsatz von Gewalt ist nur im Kontext selbstverteidigender Maßnahmen erlaubt. Bei dringendem Verdacht einer Straftat darf das Sicherheitspersonal Personen festhalten, also vorläufig festnehmen.
Notwehr
Unter Notwehr versteht man Verteidigungsmaßnahmen, durch die sich eine betroffene Person vor einem unmittelbaren Angriff schützen kann. Der Gesetzesgeber setzt drei Kriterien für eine als Notwehr
gültige Handlung voraus: ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff, eine erforderliche Verteidigungshandlung und Verteidigungswille. Notwehr betrifft die Person selbst und Nothilfe meint das
Verteidigen von fremden Rechtsgütern. Im Sinne von § 132 StGB ist ein Angriff eine Handlung oder Unterlassung durch die fremdes Rechtsgut beschädigt wird. Dabei sind folgende Güter als
notwehrfähig angesehen:
– Leben
– Gesundheit
– Eigentum
– Besitz
– Ehre
– Freiheit
– Hausrecht
Letzteres ist für den Beruf einer Sicherheitskraft besonders relevant, da etwa einem Türsteher das Hausrecht für seine Tätigkeit übertragen wird. Verteidigende Maßnahmen dürfen nur solange getroffen werden bis ein Angriff beendet ist. Die Handlungen dürfen nur im Rahmen des Erforderlichen bleiben. Geeignete Mittel zur Abwehr dürfen zum Einsatz kommen und können auch härter als die des Angreifers sein. Die Verteidigungsmittel müssen jedoch im angemessenen Rahmen bleiben, um unnötige Gewalt zu vermeiden. Zum Beispiel Reizstoff und Schlagwaffen. Entscheidend ist auch immer die objektive Sicht auf den Fall.
Notstand
Es wird zwischen Aggressiv-Notstand, Defensiv-Notstand und einem entschuldigendem Notstand unterschieden.
· Aggressiv-Notstand:
Der Begriff „Aggressiv Notstand“ (§ 904 BGB) steht in Zusammenhang mit unmittelbar gegenwärtigen Gefahren. Das heißt, wenn sofortige Abhilfe erforderlich ist, darf die Gefahr auch mit Verwendung fremder Gegenstände abgewehrt werden. Der Eigentümer muss dies dulden. Die Voraussetzungen, um von einem aggressiven Notstand zu sprechen, sind also die Gefahr eines Rechtsgutes und die Gegenwärtigkeit der Gefahr. Falls dabei eine fremde Sache zu Schaden kommt, wird dies durch § 904 (Notstandshandlung) legitimiert.
·
Defensiv-Notstand:
Der Defensivnotstand nach § 228 BGB
ermöglicht Betroffenen, sich notfalls mit fremden Sachen bei einem Angriff zu verteidigen. § 228 BGB rechtfertigt das Beschädigen oder Zerstören fremden Eigentums, um eine drohende Gefahr
abwehren zu können. Der Begriff Defensivnotstand wird auch als „Sachwehr“ bezeichnet. Um von einer Notstandslage sprechen zu können, müssen drei grundlegende Voraussetzungen gegeben sein:
– eine von einer Sache oder Person ausgehende Gefahr
– die Gefahr richtet sich an ein rechtlich geschütztes Gut
– gegenwärtige oder drohende Gefahr
·
Entschuldigender
Notstand:
Der
entschuldigende Notstand ist nach § 35 StGB ein Rechtfertigungsgrund für das Begehen einer Straftat, um damit eine Gefahr für das eigene Leben abzuwenden. Die Voraussetzungen für einen
entschuldigenden Notstand ist eine gegebene Notstandlage. Zum Beispiel:
– Gefahr für Leib und Leben
– Gefahr der Freiheit
Die gegebene Gefahr muss gegenwärtig sein (Gegenwärtigkeit der Gefahr) und eine unmittelbare Bedrohung für die angegriffene Person darstellen. Gegenwärtig bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes hoch ist. Der Freiheitsbegriff ist im Sinne von § 35 StGB nur auf die Freiheit der Fortbewegung zu beschränken. Eine Beschneidung der Willensfreiheit ist nicht hinreichend. Die Notstandshandlung darf durchgeführt werden, um neben dem eigenen Leben auch das Leben nahestehender Personen (Freunde und Familie) zu schützen.
Vorläufige Festnahme
Voraussetzungen:
I. Festnahmesituation, § 127 I S. 1 StPO
1. Auf frischer Tat betroffen
Auf frischer Tat betroffen ist, wer bei der Begehung einer rechtswidrigen Tat oder unmittelbar danach am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe gestellt wird. oder
2. Auf frischer Tat verfolgt
Verfolgung auf frischer Tat liegt vor, wenn sich der Täter bereits vom Tatort entfernt hat, sichere Anhaltspunkte aber auf ihn als Täter hinweisen und seine Verfolgung zum Zweck seiner Ergreifung aufgenommen wird.
II. Festnahmegrund
1. Fluchtverdacht
Fluchtverdacht liegt vor, wenn der Festnehmende nach dem erkennbaren Verhalten des Täters vernünftigerweise davon ausgehen muss, dieser werde sich dem Strafverfahren durch Flucht entziehen, wenn er nicht alsbald festgenommen wird.
2. Sofortige Identitätsfeststellung nicht möglich
Die Identität des Betroffenen kann nicht sofort festgestellt werden, wenn er Angaben zur Person verweigert oder keine gültigen Ausweispapiere (insbesondere Personalausweis) mit sich führt.
III. Festnahmehandlung
Vorläufig Festnehmen bis die POLIZEI kommt.
Durch § 127 StPO „vorläufige Festnahme“ geht die Eigensicherung als Schutz vor Gefahren am eigenen Leib hervor. Wenn beispielsweise die Sicherheitskraft beim Abtasten einer Person bemerkt, dass
derjenige eine Waffe mit sich trägt, besteht eine Gefahr und ein unmittelbarer Angriff ist nicht auszuschließen. Durch die Bedrohung kommt die Fachkraft in eine Notwehrlage und ergreift
Maßnahmen. Die Sicherheitskraft darf in der Annahme des hohen Risikos für den Eigenleib die durchsuchte Person entwaffnen. Die Verteidigungshandlungen müssen immer im Rahmen des erforderlichen
bleiben und dürfen nur bei Gegenwärtigkeit der Gefahr durchgeführt werden.